Eugen Hofmeister begleitet Sie während zwei Tagen in die Zentralschweiz
und veranschaulicht während dieser neuen Reise die Verteidigung der
„Eintrittspforte in die Alpen“ über die Jahrhunderte.

Besichtigung der ersten Verteidigungsanstrengungen in der Innerschweiz am Beispiel der Museggmauer und im Hafen von Stansstad. Das Schicksal der alten Eidgenossenschaft wurde im Kampf gegen die Franzosen im Kanton Nidwalden am Allweg definitiv besiegelt. Besuch des Schnitzturms in Stansstad und des Denkmals auf dem Allweg. Im 19. Jahrhundert wurden erste operative Überlegungen zur Bedeutung des Raums Luzern gemacht. Der Bezug und der Ausbau des Reduits im Raum Vierwaldstättersee wird erläutert und es werden zwei Festungsanlagen besucht. Der weitere Ausbau der Befestigungen in diesem Raum erfolgte im Kalten Krieg im Verantwortungsbereich der Reduitbrigade 22.

Freitag

07.15     Abfahrt mit Bus ab Zürich, Carparkplatz Sihlquai

08.15     Ankunft in Luzern, Bahnhof

Fahrt zur Museggmauer und Einführung in das Thema. Fahrt mit dem Schiff von Luzern nach Stanssstad. Einführung zum Franzoseneinfall und Besichtigung Schnitzturm. Mittagessen in Stansstad. Besuch der Festung Fürigen. Besuch Schlachtdenkmal am Allweg mit Schilderung des Gefechts. Einführung in das Dispositiv im 2. Weltkrieg. Fahrt nach Stans und Hotelbezug. Kurzbesuch des Dorfkerns von Stans mit anschliessendem Abendessen. Übernachtung in Stans

Samstag

Abfahrt ins Gelände. Die Verteidigungsdispositive im Reduit und im Kalten Krieg. Fahrt mit der Fähre von Beckenried nach Gersau. Mittagessen in der Festung Vitznau. Führung durch die Festung Vitznau und Besichtigung der Sonderausstellung. Beurteilung der Verteidigungsdispositive aus Sicht eines Angreifers. Anschliessend Zusammenfassung des Tages und Fahrt nach Rotkreuz und Zürich

 

Reiseleitung

Eugen Hofmeister, Div aD, Sempach

Eugen Hofmeister’s Reisebericht (PDF: GMS 11 2012 Luzern Pilatus)                                                                    

Die zweitägige Reise im Raum Luzern – Vierwaldstättersee beinhaltete ausgewählte Beispiele aus der Militärgeschichte, die im Zusammenhang mit der Bedeutung des Raumes, dem militärischen Ereignis und den militärischen Handlungen stand.

 

Ausgangspunkt der Reise war Luzern. Die Stadt am Ausfluss des Vierwaldstättersees bildet den nördlichsten Ausgangspunkt zum Gotthardpass. Der Besuch der Museggmauer gestattete bei schönstem Wetter einen tollen Blick auf die Altstadt und die Voralpen. Die Museggmauer war Teil der in ihren Grundzügen noch heute erhaltenen Stadtbefestigung zum Schutz des Reussübergangs als Ausgangspunkt zum Gotthard. Luzern war auch Schauplatz der letzten Episode im Sonderbundskrieg. Am 22. November 1847 begannen die Tagsatzungstruppen ihre Offensive in einem konzentrischen Aufmarsch gegen Luzern. Am Tag darauf wurden verschiedene Gefechte bei Schüpfheim, Honau, Gisikon und Meierskappel geführt. Gleichentags flüchtete die Luzerner Regierung und der Kriegsrat samt Gefolge und Staatskasse auf dem Dampfer „Waldstätter“ nach Flüelen. Bereits am 24. November marschierten die Eidgenössischen Truppen in Luzern ein. General Dufour bezog sein Hauptquartier im Hotel Schweizerhof, das heute noch an prominenter Stelle am Schweizerhofquai steht. Luzern war wiederholt Standort des Hauptquartiers von Grossen Verbänden, so z.B. im Deutsch-Französischen Krieg die IX. Division und im 1. Weltkrieg das 3. Armeekorps. Nach einem kurzen Marsch durch die Altstadt ging es per Schiff nach Stansstad.

 

Der Hafenort Stansstad hatte bereits im Mittelalter eine gewisse Bedeutung, so z. B. während des Morgartenkrieges 1315 und um 1590. Die Verteidigungsanlagen bestanden aus doppeltem Palisadenwerk im See und gestaffelten Wehrbauten zu Land. Die Hafenanlage wurde 1798 im Kampf gegen die französischen Truppen erfolgreich verteidigt. Der Turm, der bis zum heutigen Tag erhalten blieb, wurde aber nach der Beendigung der Kämpfe durch plündernde Soldaten niedergebrannt. Das Gros der französischen Truppen unter General Schauenburg griff über den Mueterschwanderberg, durch das Drachenried über den Allweg sowie das Rotzloch und über die Murmatt Stans an. Am eigentlichen Ort des Abwehrkampfes gegen die Franzosen am Allweg steht seit 1900 ein Obelisk, welcher an den heldenhaften Abwehrkampf gegen die Franzosen erinnert. Nach dem Debakel des Zerfalls der Alten Eidgenossenschaft wurden ab 1815 Ideen für eine neue Verteidigungskonzeption entwickelt. Einige Offiziere, die ehemals in fremden Diensten gewesen oder aus dem Ausland zugewandert waren, entwickelten Absichten von einer Rückzugslinie ins Gebirge und eines Zentralwaffenplatzes Luzern mit einer „Zitadelle der Schweiz“; gemeint war der Kanton Unterwalden. Trotz mehrerer Anläufe bis 1830 ging man aber niemals ernsthaft an die Realisierung dieser Absichten. Erst gut 100 Jahre später, unter der Gefahr eines deutschen Angriffs, begann man unter Zeitdruck mit dem Ausbau des Réduit.

 

Der weitere Verlauf der Reise befasste sich schwergewichtig mit dem Bezug und Ausbau des Reduits im Raum Zentralschweiz. Der Raum zwischen Beckenried und dem Lopper wurde nach dem Rückzug des Gros der Armee in den Zentralraum vorerst der Kampfgruppe Vierwaldstättersee der 8. Division zugewiesen. Wir besuchten am 1. Reisetag die Festung Fürigen, welche die Strasse am Lopper zu sperren hatte und ab 1940 in Rekordzeit gebaut wurde. Das Nachtessen wurde im altehrwürdigen Restaurant Höfli (Rosenburg) im Dorfzentrum von Stans eingenommen. Die Rosenburg ist ein schlossartiger Bau, früher wohl mit einem Wassergraben umgeben. Vermutlich wurde der Bau als Meieramt des Klosters Murbach – Luzern im 13. Jh. erbaut. Am Abend erhielten die Teilnehmer auch eine Kostprobe eines heftigen Gewitters am Fuss des Stanserhorns.

 

Der zweite Reisetag begann mit einer Besichtigung des Dorfkerns von Stans. Eindrücklich ist die Dorfkirche St.Peter mit ihrem mächtigen Glockenturm. Es ist das älteste romanische Bauwerk der Urschweiz und gleichzeitig ein hervorragendes Denkmal des Frühbarocks. 1713 erlebte Stans den grossen Ortsbrand und musste fast gänzlich neu aufgebaut werden. Am Beispiel des Waffenplatzes Stans-Oberdorf zeigte ich den Wandel der militärischen Ausbildung und Ausbildungsinfrastruktur auf. Bis zum Bau der Kaserne Wil im Jahr 1973 war das alte Zeughaus (ehemaliges Kornhaus) Unterkunft für eine Gebirgsinfanteriekompanie als Aussenstandort der Infanterieschulen Luzern. Am 27. April 1969 stimmte die Nidwaldner Landsgemeinde einem neuen Waffenplatzprojekt zu. Bereits im Sommer 1972 konnte die erste Gebirgsinfanterie-Rekrutenschule  mit Ausbildungseinheiten in Oberdorf und Sarnen durchgeführt werden. Nach 31 Jahren, Ende 2003, wurde die Schule nebst weiteren 10 Infanterieschulen aufgelöst. Mit der Reduktion des Armeebestandes im Rahmen der Armee 95 und den internationalen Einsätzen wurde der Waffenplatz sukzessive zum Kompetenzzentrum „SWISSINT“ (Swiss-International) ausgebaut.      

 

Im Raum Buochs wurde den Reiseteilnehmern die Entwicklung der Infrastruktur der Luftwaffe in den letzten 80 Jahren aufgezeigt. Im April 1928 belegte die Flieger Rekrutenschule I/28 erstmals einen kleinen Teil des MiIitärflugplatzes Buochs-Ennetbürgen. Die Truppe basierte für Reparatur- und Wartungsarbeiten auf 10 Fliegerzelten und zivilen Unterkünften in den umliegenden Gemeinden. Im August 1935 wurde zwischen der Korporation Buochs und der inzwischen gegründeten Direktion der Militärflugplätze ein erster Pachtvertrag abgeschlossen. Die Verhandlungen mit der Korporation, insbesondere über den Landerwerb, zogen sich über 11 Jahre in die Länge! Nach dem Ausbruch des Zweiten Weltkriegs beschloss man, den Flugplatz Buochs-Ennetbürgen zum ständigen Flugplatz auszubauen. Ab 1940 erfolgten der Einbau einer Hartbelagspiste und der Bau von Flugzeugunterständen an der Peripherie des Flugplatzes. Ab 1943 begann man mit Ausbrucharbeiten für zwei Flugzeugretablierungsstollen, welche ab Februar 1944 bezogen werden konnten und je einer Fliegerstaffel Platz bot. Mit der Beschaffung von Düsenflugzeugen wurde eine weitere Pistenverlängerung notwendig, so 1949 auf 1500 m (Vampire) und 1962 auf 2000 m (Mirage). Mit der Ausserdienststellung der Mirage III RS (Aufkl Staffel 10) im Jahr 2003 wurde der Flugplatz zur „Sleeping Base“ erklärt. Das weitere Schicksal des Flugplatzes ist bis zum heutigen Zeitpunkt noch nicht entschieden.

 

Vor der Überfahrt mit der Fähre von Beckenried nach Gersau erfolgte eine Orientierung über eine Besonderheit beim Eingang ins Réduit. Die 8. Division erhielt in ihrem Einsatzraum den Auftrag, die See-Enge zwischen den Nasen zu sperren. Realisiert wurden die Artillerieforts Ober und Unter Nas mit je einer 7.5 cm Bunkerkanone 39, einer 4.7 cm Bunker-Panzerabwehrkanone 41 und mehrere Maschinengehre 11 sowie ein Seehindernis zwischen den beiden Werken. 1942 inspizierte General Guisan das schwimmende Hindernis, welches bei einer minimalen Breite von 840 m eine Gesamtlänge von 1130 m aufwies. Die Holzkonstruktion aus schwimmenden Baustämmen war am Seegrund mit 2,5 t schweren Betonankern und Drahtseilen fixiert! Für die Schiffe befand sich in der Seemitte eine ca. 100 m breite Öffnung, die je nach Bereitschaft offen oder geschlossen war. Das Hindernis wurde 1945 demontiert.

 

Oberhalb Vitznau wurde die ehemalige Festung, heute Festungsmuseum, besichtigt. Sie bildete am nördlichen Ufer des Vitznauerbeckens das Gegenwerk der verschiedenen Festungswerke im Raum Stans – Dallenwil – Mueterschwanderberg – Pilatus. Die Hauptbewaffnung bestand aus  2 10.5 cm Kanonen 39. Die Festung war nur mit ganz wenigen Schüssen im Ausbildungseinsatz, weil bei jedem Schiessen Fenster in Vitznau in Brüche gingen! Die Festung Vitznau wurde offiziell erst 1994  aus dem Verkehr genommen. Der Abschluss der Reise bildete ein gemütliches Mittagessen aus der Militärküche vor den Toren der Festung.  

 

Seit dem Ende des Kalten Krieges wurden die Grossen Verbände in den Reorganisationen der Armee 95 und Armee XXI vollständig aufgelöst und die militärische Infrastruktur liquidiert. Damit dürfte das Kapitel Réduit und der militärische Ausbau des Zentralraumes definitiv der Vergangenheit angehören.

 

Text: Eugen Hofmeister (Sempach)