Schweizer Garde

Schweizer in Fremden Diensten / Von Salerno bis Rom – der Zweite Weltkrieg in Italien. „Defensores ecclesiae libertatis“/„Verteidiger der Freiheit der Kirche“ ist nur einer der traditionellen Namen der päpstlichen Schweizergarde in Rom. 2006 feierte sie ihr 500-jähriges Gründungsjahr. Dieses Jubiläum ist einzigartig in der Geschichte der „Fremden Dienste“ der Schweiz. Die Dienste in Neapel waren nicht weniger alt und nicht weniger wichtig und sind dennoch viel weniger bekannt.

Salerno-Monte Cassino-Anzio/Nettuno sind die wichtigsten Stationen des alliierten Vorstosses 1943/44 nach Rom. Dieser von der Geschichte vorgezeichnete Weg ist auch landschaftlich und kulturell faszinierend. Die Ereignisse des Sommers 1943 auf Sizilien finden hier ihre für Europa bedeutsame Fortsetzung.

Montag

09.40 Abflug ab Zürich mit Swiss, Kurs LX 1616 Umsteigen in Milano 14.00 Landung in Neapel Transfer zum Hotel Majestic, Zimmerbezug. Anschliessend Stadtrundgang zu Fuss. Abendessen und Übernachtung im Hotel Majestic, Neapel

Dienstag

Fahrt entlang der Amalfi-Küste über Salerno nach Paestum, Orientierung über die alliierte Landung in Salerno (Operation“Avalanche“). Mittagessen in Paestum. Besichtigung der griechischen Tempelanlagen, Rückfahrt nach Neapel, Abendessen und Übernachtung im Hotel Majestic, Neapel

Mittwoch

Fahrt nach Monte Cassino, Orientierung über die vier Cassino- Schlachten (Monte Lungo, San Pietro, deutscher Soldatenfriedhof). Mittagessen im Hotel Forum Palace in Cassino. Besuch des polnischen Soldatenfriedhof und der Klosteranlage. Anschliessend Fahrt nach Gaeta, Orientierung über die Schweizer in neapolitanischen Diensten. Abendessen und Übernachtung im Villa Irlanda Grand Hotel, Gaeta

Donnerstag

Fahrt über Terraccina nach Anzio-Nettuno Operation “Shingle“. Mittagessen (fak.) im Hafengelände von Anzio. Besuch des Militärmuseums und des amerikanischen Soldatenfriedhofs in Anzio. Weiterfahrt nach Rom. Abendessen und Übernachtung im Hotel Atlante Star, Rom

Freitag

“Sacco“ di Roma-Tag: Morgenmesse und Kranzniederlegung (fak.). Geführte Besichtigung in der Nekropole. Mittagessen fakultativ. Am späten Nachmittag Besuch des Vatikans und Teilnahme an der Vereidigung der päpstlichen Schweizergarde (Sacco di Roma). Abendessen fakultativ. Übernachtung im Hotel Atlante Star, Rom

Samstag

Führung durch das antike und barocke Rom. Mittagessen, anschliessend Stadtrundfahrt und Transfer zum Flughafen. Abendessen fakultativ

19.55 Abflug ab Rom mit Swiss, Kurs LX 1733
21.25 Landung in Zürich

Reiseleitung

Hans Rudolf Fuhrer, PD Dr. phil., Meilen

 

Urban Siegenthaler’s Reisebericht

Monte Cassino, Rom / Neapel

Erster Tag: Anreise. Pünktlich um 8.15 Uhr besammelte sich die Reisegruppe von 26 Teilnehmerinnen und Teilnehmern im Flughafen Zürich. Die Swiss-Linienmaschine nach Mailand hatte technische Defekte und musste ausgetauscht werden. So starteten wir unseren Flug nach Mailand mit etwa 45 Minuten Verspätung. Den Weiterflug mit der Lufthansa nach Neapel erwischten wir trotzdem. Und nach einigem Wirrwarr um Gepäckstücke begann die Stadtrundfahrt, während der uns unser Reiseleiter PD Dr. Hans Rudolf Fuhrer Demographie, Geographie und Klima, Stadtgliederung, Architektur, Politik, Wirtschaft, Mafia, Fussball und insbesondere Geschichte und Kultur näher brachte: Die Stadt wurde im 9. Jahrhundert v. Chr. von den Griechen gegründet, wurde im 6. Jahrhundert Teil des oströmischen Reichs, dann von den Normannen erobert. Später beherrschten sie die Staufer, dann die Anjou, die Aragonesen, die Spanier, die Österreicher und die Franzosen. Schliesslich wurde Neapel 1860 Teil des Königreichs Italien. Kulinarisch ist die Gegend geprägt durch drei P: Pizza, Pasta und Pomodoro.

Zweiter Tag: Neapel – Salerno – Paestum – Neapel.

Zu Beginn einer der schönsten Landstriche Italiens, wenn nicht sogar Europas: die Amalfi-Küste. Diese Steilküste, an der die Ortschaften wie an die Felsen geklebt scheinen, kann über eine schmale, serpentinenreiche Strasse befahren werden. Trotz beachtlichem Verkehrsaufkommen zeigte unser Fahrer, dass er die Breite seines Fahrzeugs millimetergenau im Griff hat. Und nur wegen Polizistinnen, die den Verkehr in Ortschaften in Einbahn-Perioden zu regeln versuchten, wurde unser Vorwärtskommen ab und zu verzögert. Leider war das Wetter etwas suboptimal, jeder hätte diese wunderschöne Gegend lieber in strahlendem Sonnenschein genossen.

In Salerno beschäftigten wir uns mit der Operation „Avalanche“, der amphibischen Landung von U.S.- und britischen Truppen am 9. September 1943. Danach ging’s weiter nach Paestum: Diese Stadt war ursprünglich Teil des grossgriechischen Reiches und umfasst gut erhaltene Tempelanlagen aus der Zeit des 6. und 5. Jahrhunderts vor unserer Zeitrechnung. Etwa 500 Jahre später übernahmen die Römer die Stadt, gaben ihr den Namen Paestum, bauten eine eigene Stadt innerhalb der alten Mauern, liessen aber die alten Tempel unberührt und fast unbenutzt.

Dritter Tag: Neapel – Monte Cassino – Gaeta. Militärhistorisch war dieser Tag unbestritten der Höhepunkt der ganzen Studienreise: In aussergewöhnlich kompetenter Weise schilderte uns der Reiseleiter im Gelände die verschiedenen Phasen der insgesamt vier erbitterten Schlachten um den Monte Cassino, in deren Verlauf das im 6. Jahrhundert gegründete Kloster von den Alliierten vollständig in Schutt und Asche gelegt worden ist. Die Deutschen mussten Berg und Klosterruinen schliesslich am 18. Mai 1944 den angreifenden Polen kampflos übergeben. Erst im Nachhinein stellte sich heraus, dass das Kloster vor der Bombardierung von den Deutschen

militärisch gar nicht benutzt worden war. Im Gegenteil: Es ist deutschen Offizieren zu verdanken, dass die unschätzbaren Kulturgüter des Klosters rechtzeitig evakuiert und in Sicherheit gebracht worden sind.

Bleibende Eindrücke haben bei allen Reiseteilnehmern die anschliessenden Besuche der italienischen, deutschen, amerikanischen sowie des polnischen Soldatenfriedhofes hinterlassen. Die unterschiedlichen Kulturen dieser Kriegsparteien werden in der unterschiedlichen Gestaltung ihrer Gedenkstätten auf einprägsame Weise deutlich.

Vierter Tag: Gaeta – Anzio – Rom. Nach dem Frühstück schilderte uns PD Dr. Hans Rudolf Fuhrer im Sinne eines Exkurses die Geschichte der Schweizer Regimenter in fremden Diensten des neapolitanischen Königs. In zwei Phasen befanden sich Schweizer Söldnerregimenter von 1734 bis 1859 in den Diensten Neapels, nicht zuletzt wegen zweifelhafter Zuverlässigkeit einheimischer Einheiten im Gegensatz zu den als treu kämpfend und politisch harmlos bekannten Eidgenossen.

Dann fuhren wir zunächst nach Terracina. Am Ufer des Tyrrhenischen Meeres stehend, wurde jedem Teilnehmer eindrücklich klar, warum die zweite amphibische Landung der alliierten Truppen nicht zwischen Neapel und Terracina erfolgen konnte. Wir standen vor einer über 50 Meter hohen Felswand, und der einzige Durchgang zwischen dieser Wand und dem Meer war ein Torbogen von knapp drei Metern Breite: Den hätten alle gelandeten Truppen auf ihrem Weg nach Rom passieren müssen!

Folgerichtig fand die amphibische Landung des VI. Korps der 5. US- Armee am 22. Januar 1944 bei Anzio und weiter östlich bei Nettuno hinter den deutschen Linien statt. Der alliierte Vorstoss aus dem Brückenkopf von Salerno war inzwischen in den Bergen von Cassino an der deutschen Gustav-Linie stecken geblieben. Jetzt sollte diese amphibische Umfassung mit dem Decknamen „Shingle“ die rückwärtigen Verbindungen der deutschen Verteidiger unterbrechen und damit helfen, den Weg nach Rom freizukämpfen. Die hartnäckige deutsche Verteidigung führte jedoch dazu, dass die gelandeten Truppen 123 Tage am Brückenkopf fest lagen. Erst nach Verstärkung auf inzwischen sechs Divisionen gelangen am 23. Mai 1944 schliesslich der Ausbruch und der Zusammenschluss mit den anderen Verbänden der 5. US-Armee. Am 4. Juni 1944 schliesslich wurde Rom kampflos besetzt. Auch wir setzten – allerdings auf wesentlich bequemere Weise – mit dem Bus unsere Reise nach Rom fort.

Fünfter Tag: Rom. Der Tag stand ganz im Zeichen des „Sacco di Roma“ und der damit verbundenen feierlichen Vereidigung der neuen Schweizer Gardisten. Der 6. Mai steht zur Erinnerung an den verheerenden Angriff der Truppen Kaiser Karls V. im Jahre 1527. Der überwiegende Teil der 189 Schweizer Gardisten wurde dabei getötet, und doch gelang es 42 Überlebenden, den damaligen Papst Clemens VII. in Sicherheit zu bringen.

Unser Tag begann sehr früh mit dem Besuch der Frühmesse im Petersdom – nicht alle Teilnehmer fanden allerdings nachträglich, dass es der Mühe wert gewesen war, derart früh aufzustehen und eine Stunde vor dem Portal auf den Eintritt zu warten.

Um die Mittagszeit bot sich Gelegenheit, die unter dem Petersdom gelegene Nekropole zu besuchen. In dieser unterirdischen Gräberstadt soll sich sogar das Grab des Hl. Petrus befinden. Auch der Besuch der Vereidigung der neuen Schweizer Gardisten bedingte zunächst ein längeres Warten im Gedränge von Angehörigen, ehemaligen Gardisten und anderen Gästen. Die Zeremonie schliesslich lief perfekt inszeniert ab und war für alle Anwesenden sehr feierlich – ergreifend.

Sechster Tag: Rom und Rückreise. Der Tag war den antiken und barocken Sehenswürdigkeiten der Ewigen Stadt gewidmet. Eine lokale Führerin brachte uns zunächst vor das Kolosseum – um festzustellen, dass es vormittags geschlossen ist. Darauf in rasantem Tempo altrömische Paläste, Tempel und und und …

Gleich nach dem gemütlichen Lunch in einer verträumten kleinen Osteria ging es weiter: Nun folgten Schlag auf Schlag sämtliche barocken Sehenswürdigkeiten. Es bedurfte einiger Überredungskunst unseres Reiseleiters, um wenigstens eine kurze Kaffeepause für uns herauszuschinden. Wie heisst es doch so treffend: Weniger wäre hier mehr gewesen.

Am frühen Abend bestiegen wir dann in Rom- Fiumicino unser Flugzeug und kamen kurz vor 22 Uhr wohlbehalten im Flughafen Zürich an.

Text: Urban Siegenthaler (Corcelles-près-Payerne)