Die Westukraine von Lemberg bis Kiew. Ziel Kiew: Die HG SÜD im Angriff auf die Sowjetunion vor 70 Jahren. Der Vormarsch der Wehrmacht durch das historische Erbe der Kyiver Rus am rechten Ufer des Dnjepr, unter Hinweis auf die wechselvolle Geschichte und die Kriege, welche dieses Gebiet in den letzten 1000 Jahren erlebte.
Samstag
10.15 Abflug mit Austrian Airlines, Kurs OS 562, Umsteigen in Wien, 15.20 Landung in Lemberg, Transfer zum Hotel. Führung durch die Altstadt von Lemberg. Abendessen und Übernachtung im Hotel Citadel Inn, Lemberg
Sonntag
Fahrt mit dem Bus über Brody, Dubno nach Tarnopol, der Einfallachse und dem Schauplatz etlicher militärischer Auseinandersetzungen, darunter Schlachtfelder des 1. Weltkrieges, des polnisch-russischen Krieges (Schlacht der Kavallerie von Komarow) und des Vorstosses der Pz Gr 1 / HG Süd 1941. Nach dem Mittagessen Besuch der Festung Sbarasch. Tarnopol im Wechsel der Geschichte. Abendessen in Târnopol. Übernachtung im Hotel Galichina, Tarnopol
Montag
Fahrt nach Butschatsch (u.a. Osmanisch – Polnischer Krieg), Überquerung des Dnjester in Salischiky (internationaler Soldatenfriedhof). Nach dem Mittagessen weiter in die Bukovina, den Angriffsstreifen der rumänischen Verbündeten. Führung durch die multikulturelle Stadt Tschernowitz. Abendessen im Zentrum und Übernachtung im Hotel Bukovina, Tschernowitz
Dienstag
Fahrt zur Festung Chotin, Besichtung eines Verteidigungswerkes der Stalin-Linie bei Schwanets, Besuch der Altstadt und der Festung in Kamenez-Podilsky. Nach dem Mittagessen Verschiebung auf der Vorstossachse der 17. Armee über Chmelnizki (im 2. WK Proskurov) nach Medschibisch (Schloss mit Museum der Hungersnot) und nach Winnitsa. Abendessen und Übernachtung im Hotel Podilja, Winnitsa
Mittwoch
Fahrt zu Hitlers HQ Wehrwolf bei Winnitsa, weiter quer durch den Angriffstreifen der Pz Gr 1 nach Berditschew, Schitomir (Hegewald) und entlang der Stalin-Linie nach Korosten mit Besichtigung der Festung, in welcher die 5. Armee (Gen.Maj. Potapow) den deutschen Vorstoss erfolgreich verzögerte. Weiterfahrt nach Kiew. Abendessen und Übernachtung im Hotel President, Kiew
Donnerstag
Begehung der Festung Hospital in Kiew, anschliessend Fahrt zum äusseren Verteidigungsring in Belogorodka am Irpen und Chapajevka am Dnjeper (Sturm auf Kiew Mitte September 1941). Nach dem Mittagessen Besuch des Museums des Grossen Vaterländischen Krieges und Orientierung über Kiew im Krieg und Wiederaufbau. Abendessen (fak.) im Zentrum von Kiew. Übernachtung im Hotel President, Kiew
Freitag
Fahrt über Baby Yar (Exekutionen) nach Novi Petrivzi im Norden Kiews (Umgehung durch die 6. Armee „von Reichenau“ und Ljutish Brückenkopf 1943 der Roten Armee). Nach dem Mittagessen Besuch des Hetman Museum und der Festung Pechersk Lavra (Kloster). Abendessen im Zentrum. Übernachtung im Hotel President, Kiew
Samstag
Abfahrt zum „Goldenen Tor“. Führung durch das „alte Kiew“. Verschiebung zum Flughafen und Check-in für den Rückflug. Mittagessen fakultativ, 13.30 Abflug ab Kiew mit Austrian Airlines, Kurs OS 662, Umsteigen in Wien, 19.05 Landung in Zürich
Reiseleitung
Francis Antonietti, Oberst i Gst aD, Sessa
Johannes Rudolf Gunzenhauser’s Reisebericht
Westukraine
Was mich zur Teilnahme an dieser Reise bewog, war nicht der deutsch-sowjetische Krieg, sondern das Interesse am gewaltigen Raum zwischen Ostsee und Schwarzem Meer. Die Westukraine ist, wie der Name sagt, nur ein Teil der Ukraine und diese wiederum nur ein kleiner Teil dieser gewaltigen Landbrücke und historischen Völkerdrehscheibe! Ich war gespannt!
Unser Reiseleiter Francis Antonietti – von 1996 bis 1999 schweizerischer Verteidigungsattaché in Kiew – ein Freund der Ukraine, kann sich fliessend in Russisch und Ukrainisch unterhalten. Er hatte sich zum Ziel gesetzt – und er erreichte dieses auch mit Bravour – uns in seiner speziellen und originellen Art die letzten 1000 Jahre dieses Raumes und die Ukraine näherzubringen! Ich möchte versuchen, Ihr Interesse für diese exzellente GMS-Reise zu wecken, auf dass sich unser versierter Reiseleiter für eine Neuauflage dieser Reise bewegen lässt!
Das Hauptthema: Der Angriff der Heeresgruppe Süd aus Polen, Ungarn und Rumänien durch den historischen Raum entlang der Wasserscheide zwischen Ostsee und Schwarzem Meer, zwischen den Städten Lemberg und Kiew, 97 Tage Kampf um 1’000 km Tiefe im riesigen Sowjetreich!
Gewaltige Panzerschlachten: die sechstägige Panzerschlacht von Brody, die am zweiten Tag von „Barbarossa“ begann, ist nach dem Unternehmen „Zitadelle“ von 1943 mit 2800 russischen und 718 deutschen Tanks die zweitgrösste Panzerschlacht, die je geschlagen worden ist! Die Leiden der Bevölkerung waren gleich mehrfach: Der deutsche Vormarsch und der Rückzug gingen über die gleichen Ortschaften, denn die „passages obligés“ sind durch das Gelände mit seinen Flüssen, Sümpfen und Anhöhen gegeben, sind seit alters her mit Städten und gewaltigen Wehranlagen befestigt und durch die wenigen Strassen verbunden. Daneben begleitete der Terror der beiden Kriegsparteien die Schlachten. Zusätzlich dazu der Terror der Russen in der Vorkriegszeit und der der Nazis in der Besatzungszeit, sowie der erneute Terror der Kommunisten bei der „Befriedung“ des wieder gewonnen Landes!
Der deutsch-sowjetische Krieg ist nur der vorläufig letzte Akt in einem langen, über Jahrtausende hin und her wogenden Spiel der jeweiligen Mächte um diesen reichen und strategisch bedeutsamen, aber „leeren“ Raum und die ihn durchquerenden Handelsrouten! Diese wechselvolle Geschichte, die für uns Westeuropäer fast unbekannt und fast unvorstellbar ist, hat uns Reiseteilnehmer fasziniert. Hier wogten Streitkräfte in Wellen hin und her, veränderten Gleichgewichte, zerstörten Reiche und bauten neue auf. Als in Westeuropa die heutigen Grenzen schon mehr oder weniger festgelegt waren, wurde hier noch lange verschoben, geteilt und wieder zusammengefügt!
Wegen der wenigen „festen Plätze“ und natürlichen Hindernissen kam den „schnellen Truppen“ – das waren früher die Kavallerie, z.B. der Kosaken, die Flussschiffe und später die Panzer – als bewegliche, rasche strategische Formation (T34) für überraschende Schläge in die Tiefe des Feindes und als fahrende Widerstandsnester (T35) zur raschen Bildung von Widerstandslinien zusammen mit der Infanterie und dem Gelände eine überragende Bedeutung zu! Der Erfolg dieser „modernen Kavallerie“ hing natürlich von der Unterstützung oder von der Bedrohung durch die Luftwaffe und der beweglichen Artillerie ab! Ein Blick auf die Karte zeigt uns die Wasserscheide Lemberg (296 m ü. M.) – Kiew (178 m ü. M.), die sowohl in der Nord-Süd- wie in der Ost-West-Achse in der Mitte des geographischen Europa liegt! Schon in vorgeschichtlicher Zeit war, dank der vielen Flüsse, die Ostsee mit dem Schwarzen Meer verbunden. Vor mehr als 1000 Jahren pflegten die Schweden (Waräger) enge politische und wirtschaftliche Verbindungen mit Byzanz. Aber auch wegen der Pripjetsümpfe nördlich der Achse Lemberg – Kiew war hier die geostrategische Lage in Ost- West-Richtung eine hervorragende! Wenn man bedenkt, dass fast alle Völker, die in Westeuropa eingedrungen sind, nördlich des Schwarzen Meeres vorbeigekommen sind, dass fast unsere gesamte Kultur aus dieser Richtung „herbeigeschafft“ worden ist: Die Eisenzeit z.B. begann hier 800 Jahre früher als bei uns! Bei der Lektüre des Buches „Mila 18“ von Leon Uris seinerzeit als Teenager ahnte ich, dass Polen irgendwie nicht der Dulderstaat war, wie er uns in der Schule vermittelt wurde. Hier waren ganz andere Energien am Werk! Hatte doch Polen sofort nach seiner Neugründung, am 21. November 1918, die soeben gegründete Westukrainische Republik angegriffen, Lemberg besetzt und Judenpogrome initiiert. Polen war damit unzufrieden und wollte sofort wieder die grosspolnischen Reiche der vergangenen Jahrhunderte auferstehen lassen und Hegemonialmacht der Region werden. Dass dies den beiden wieder erstarkten Nachbarn, den Sowjets und den Nazis nicht passen konnte, liegt auf der Hand. Mehrere Feldzüge der Polen und Russen, wobei die Polen bis Kiew vorstiessen, sorgten in der Zwischenkriegszeit für politischen Zündstoff. Die erneute Teilung Polens im Hitler-Stalin-Pakt führte zum Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Wer weiss bei uns noch, dass nach der Kapitulation des Deutschen Reiches 1918 die Deutschen Kiew mit der Vasallenregierung eines „Kosaken-Hetmanns“ in fester Hand hatten, nachdem diese die im Februar einmarschierte Rote Armee im März aus Kiew hinausgeworfen hatte? Nach dem Abzug der Deutschen kamen in kurzer Zeit noch vier verschiedene politische Bewegungen militärisch an die Macht, bis die „Roten“ die „Weissen“ vernichteten. Francis Antonietti las uns bei dieser Gelegenheit aus dem spannenden Buch „Die weisse Garde“ von Michail Bulgakow vor.
Es würde zu weit führen, hier die ganze eingangs erwähnte 1000-jährige Geschichte wieder zu geben. Doch es bestand schon vom 9. bis ins 14. Jahrhundert ein Grossreich zwischen Ostsee und Schwarzem Meer, die Kiewer Rus (die Rus = die Ruderer), das 1240 durch die Mongolen zerstört wurde. Dann kam ein Fürstentum, später ein Kosakenstaat. Ab 1569 eine polnisch-litauische Adelsrepublik. Gewaltige, personalintensive Schlachten tobten hin und her: Bei Chotin 1621 z. B. siegten 57’000 Polen und 40’000 Kosaken über 400’000 Türken! Es folgte 1648–1654 der Aufstand des Kosaken-Hetmans Chmelnizky. Beeindruckend sind daneben auch die aussenpolitischen Aktivitäten dieser Potentaten und zeigen die Bedeutung dieses Raumes auf. Der Hetman Chmelnizky z.B. unterhielt als Aufständischer Gesandtschaften in Venedig, in der Moldau, beim russischen Zaren und beim schwedischen König. Nach der Schlacht von Poltawa 1709 – Kosaken und Schweden verlieren gegen Russland unter Zar Peter I. – kommt dieses Gebiet nach mehreren Teilungen Polens unter die Herrschaft von Russland und Österreich.
Die Städte der Westukraine sind sehr verschieden: Nach unserer Landung in Lemberg mit heute 750’000 Einwohnern fühlten wir uns dort wie in der „guten, alten Zeit“ mit Wiener Kaffeehausromantik, einem schönen Opernhaus und anderen repräsentativen Gebäuden u.a. aus der Belle Epoque sowie älteren, prächtigen Sakralbauten.
Die Altstadt von Lemberg ist Unesco- Weltkulturerbe. Ternopil hingegen ist heute eine schmucklose Plattenbau-Stadt kommunistischer Bauart. Kiew mit 3 Mio. Einwohnern ist eine moderne Grossstadt der Superlative: Autobahnen, Brücken, U-Bahnen, moderne und historische Prachtbauten, Altstadt, Hotels, breite Boulevards, gegossene Denkmäler für historische Persönlichkeiten, Museen – an bester Lage eines für den Zweiten Weltkrieg mit entsprechendem heroischem Monument! Im Opernhaus genossen wir die prächtige Premiere des Ballettes „Le Corsaire“ mit seinem unvergleichlichen „pas de trois“. Kiew hatte bereits im Jahr 1050 100’000 Einwohner und 400 Kirchen und galt als eine der reichsten Städte Europas! Wenn man von einer Anhöhe auf die Stadt blickt, kann man die blauweissen Fassaden und die goldenen Zwiebeltürme der prächtigen Kirchen bewundern. Bedenkt man, dass Stalin fast sämtliche Kirchen zerstören liess und diese seit der Gründung der neuen Ukraine 1991 im alten Glanz wieder aufgebaut worden sind, kann man ermessen, mit welchen Problemen die Ukraine konfrontiert ist. „Die Ukraine ist reich, sie hat alles – nur muss noch eine effiziente Wirtschaftsorganisation geschaffen werden!“ sagte uns ein pensionierter Viersternegeneral, heute TU-Professor und ukrainischer Politiker, mit dem wir an einem üppigen Mahl zu diskutieren Gelegenheit hatten.
In der Zwischenkriegszeit beeindrucken oder vielmehr erschüttern vor allem die politischen Anstrengungen der Sowjetunion, mit Terror dieses gewaltige Land zu reorganisieren. In der Festung Medschybisch wurde eine Ausstellung zum „Holodomor„, d. h. der von Stalins Schergen organisierten Hungersnot und dem Terror in der russischen Kornkammer gezeigt. Der Besitz von drei Getreideähren wurde gesetzlich mit dem Tode bestraft, um die Bauern (Kulaken) in die Kolchosen zu zwingen. Auf dem Lande starben 10 Mio. Menschen, während die Städte versorgt wurden. Verzweifelte Bauern deponierten nachts ihre Kinder in der Stadt, in der Hoffnung, barmherzige Städter würden diese ernähren, um den Aufbau der Schwerindustrie und damit des Proletariates zu gewährleisten!
Auch der Aufbau der sowjetischen Schwerindustrie musste uns beeindrucken: Während zu Beginn des Krieges die Wehrmacht 10 Prozent mehr Menschen als die Sowjets einsetzte, war die Rote Armee höher technisiert: Artillerie +40 Prozent, Panzer +280 Prozent, Flugzeuge +120 Prozent. Auch waren die Panzer der Russen besser, wohingegen ihre Flugzeuge veraltet waren. Unter Berücksichtigung des riesigen Raumes muss der Überfall als eine Verzweiflungstat der Deutschen bezeichnet werden! Die eigenen Fähigkeiten Organisation, Ausbildung und Geschwindigkeit wurden zu hoch bewertet!
Der Besuch von Festungs- und Bunkeranlagen wurde zum besonderen Erlebnis, denn Francis Antonietti verstand es, auch einheimische Militärfans in die Führung einzubeziehen. Die Ambiance war ähnlich wie bei solchen Besuchen in der Schweiz: Mg auf Lafette mit Panorama und zum Teil heute verbaute Schiesssektoren. In einer Kdo-Anlage, die ähnlich wie bei uns nach 1945 weiter genutzt wurde, führte uns der 12-jährige Sohn des „Festungswächters“ durch die Anlage, weil er englisch konnte. Es gab überall Gedenkstätten, die z. T. sehr „martialisch-heroisch“ konzipiert waren, so etwa ganze Panzerfreilichtmuseen. Zum 70. Jahrestag des deutschen Überfalles am 22. Juni 1941 waren überall Blumen aufgestellt, sehr oft von Privaten, die hier ihrer Familienmitglieder gedachten, die z.T. an diesen Orten als „Landwehr“ gefallen sind!
Sehr beeindruckend waren auch die Ruinen deutscher Kdo-Anlagen. Das FHQ „Werwolf“ bei Winniza wurde von Bautrupps mit Tausenden von Arbeitern ab November 1941 in einem Jahr gebaut. Hitler nutzte diese Anlage ganze drei Mal während total vier Monaten, zuletzt am 27. August 1943.
Dass unser Reiseleiter Francis Antonietti ein grosser Kenner der Ukraine ist, durften wir auf dieser Reise immer wieder erleben. Gleichzeitig verweise ich Sie für weitere Informationen auf die hervorragende Reisedokumentation und die vielen zusätzlich abgegebenen Blätter. Bei dieser Gelegenheit möchte ich hervorheben, dass Reisen mit der GMS wegen der guten Gesellschaft und den z.T. hoch gebildeten Teilnehmern ein besonderer Genuss sind. Ich danke allen Trägern dieser Gesellschaft und ganz besonders den Reiseleitern für ihren grossen Einsatz!
Text: Johannes Rudolf Gunzenhauser (Sissach)